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Göttinger Szenen
Hinter den Kulissen des ThOP

Als Institution des kulturellen Lebens in Göttingen ist das Theater im OP fest etabliert. Doch welche Geschichte steckt hinter dem ThOP? Welche Menschen prägen sein Profil? Wie ist es organisiert? Ein Hintergrundbericht aus dem Juni 2010.

Von Hilke Eilts und Susann Schuette

Im kulturellen Leben der Georg-August-Universität Göttingen, ja im kulturellen Leben Göttingens ist das Theater im OP (kurz ThOP) längst eine Institution. Viele haben sich schon einmal als Besucher des Theaters einen Überblick über die Räumlichkeiten und das Spielvermögen einzelner Ensembles verschafft. Aber wie sieht es eigentlich hinter den Kulissen des ThOPs aus? Es ist Juni 2010, wir treffen uns zum Ortstermin mit Ilka Daerr, 27 Jahre, die als kreativ-wissenschaftliche Hilfskraft unter anderem für die Öffentlichkeitsarbeit des ThOP tätig ist. Und schnell stellt sich heraus, dass das Theater im OP einzigartig in Deutschland ist.

Theater im Schauoperationssaal

Dies beruht zum Teil auf seiner Geschichte: Die auf dem Campus der Georg-August-Universität, im Gebäude des Seminars für Deutsche Philologie angesiedelte (Amateur-)Bühne weist zahlreiche Besonderheiten auf. So ist sie beispielsweise das größte Studententheater Deutschlands. Gegründet wurde das Theater, so wie es heute bekannt ist, 1984 von Horst Turk, der bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2003 als Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Georgia Augusta tätig war. Besonders sind aber auch die Räumlichkeiten, in denen das ThOP untergebracht ist: »Früher, als diese Gebäude noch zu einem Klinikgelände gehörten, wurde der Raum als Schauoperationssaal für Medizinstudenten genutzt«, erzählt Ilka Daerr während wir den Bühnenraum betreten – und erklärt damit nicht zuletzt den bezeichnenden Namen des Theaters. Der hörsaalähnliche Charakter prägt auch weiterhin den Aufbau des Bühnenraums mit seinen rund 120 Plätzen: Beidseitig auf Tribünen sitzen die Zuschauer; die Schauspieler befinden sich auf der Bühne in der Mitte. Dabei lässt sich der Bühnenraum sowohl als Laufsteg als auch als Arena- und Guckkastenbühne nutzen.

Schaut man hinter die Kulisse, so entdeckt man einen jeweils eigenen Raum für die Maske und die Requisiten, sowie einen Umkleideraum. Das ThOP verfügt sogar über eine Werkstatt, in der die benötigten Requisiten sowie Teile des Bühnenbildes eigens hergestellt werden können. Dem Theaterteam steht außerdem ein Aufenthaltsraum zur Verfügung, in dem es sich zusammenfinden kann, um anstehende Angelegenheiten zu besprechen und sich zu stärken, denn eine kleine Küche ist in dem Raum integriert.

Alles in Allem ist das ThOP also ein kleines, jedoch sehr eigenständiges Theater, welches über die nötige Ausstattung verfügt, die auch größere Theater haben. Aus diesem Grund hat es die freie Bühne geschafft, sich neben den beiden bekannten Stadttheatern Göttingens zu etablieren.

Göttinger Szenen


In der Reihe Göttinger Szenen widmet sich Litlog in Reportagen, Berichten oder Kommentaren verschiedenen Orten und Milieus aus Göttingen. Die Beiträge entstanden im Rahmen eines Seminars zum Thema »Literatur und Journalismus« im Sommersemester 2010.
 
 
»Der jährliche Spielplan des ThOP umfasst in etwa 10-12 Premieren, wodurch ein ganzjähriger Spielbetrieb gewährleistet ist«, erzählt Ilka Daerr weiter. Seit 2 Jahren engagiert sie sich bereits am ThOP; beim letzten Weihnachtsstück »Krabat« stand sie sogar selbst auf der Bühne. Neben den sehr beliebten Weihnachtsstücken finden aber auch zahlreiche kleinere Produktionen und Veranstaltungen auf der studentischen Bühne statt, die großen Anklang beim Publikum finden. Hervorzuheben ist hierbei der regelmäßig stattfindende »Poetry-Slam«, sowie der etwa zweijährliche »Dramatikerwettbewerb«. Aber nicht nur hierfür werden Bühne und Tribüne genutzt, auch Vorlesungen und Veranstaltungen der Universität finden hier statt. Die einzelnen Produktionen werden ›En-suite‹ gespielt, es gibt also für einen bestimmten Zeitraum nur eine einzelne Produktion zu sehen, bis sie von einer nächsten abgelöst wird.

Mitmach-Theater

Bedeutsam für das ThOP ist allerdings auch die enge Verzahnung mit dem Germanistik-Studium. Studierende sowie Interessierte haben die Möglichkeit, eine Lehrveranstaltung zur »Einführung in die Theaterpraxis« zu besuchen oder an einer »Einführung zur Bühnentechnik« teilzunehmen. »Das Theater ist eine Amateurbühne«, erklärt Ilka Daerr das Konzept des ›Mitmach-Theaters‹, »jeder der Interesse am Schauspiel hat, bekommt die Möglichkeit an einem Schauspielerkurs teilzunehmen«. Das ThOP sei eben auch eine »Ausbildungsstätte für Theaterinteressierte«. So haben sich schon zahlreiche ehemalige Mitarbeiter, die ehrenamtlich für das Theater tätig waren, später in den professionellen Betrieb verabschiedet. Als Schauspieler, Regieassistenten, Theaterpädagogen oder Theatermusiker sind sie zum Beispiel an das Deutsche Theater in Göttingen oder an das Berliner Ensemble gewechselt. Einen festen Personalbestand gibt es demnach am ThOP nicht. Das jeweilige Ensemble für ein Stück wird von den zuständigen Regisseuren zweimal im Jahr an einem Vorstellungsabend zusammengestellt, was gerade Amateuren die Gelegenheit gibt, in den Theaterbetrieb einzusteigen.

Die Produktionszeiträume werden dabei von der Leitung festgelegt; die jeweiligen Regisseure können sich die Stücke selbst aussuchen. In Eigenverantwortung stellt der Regisseur dann sein Team für das Ensemble, die Assistenz, die Maske, die Kostüme und das Licht – um nur einige wichtige Abteilungen zu nennen – zusammen. Der jeweilige Regisseur legt ebenfalls fest, wie oft für ein Aufführungsstück geprobt wird. »In der Regel wird in dem ersten halben Jahr einmal pro Woche geprobt, danach circa drei Mal die Woche und einen Monat vor der Premiere sogar jeden Tag«, berichtet Ilka Daerr, die hier auch aus eigener Erfahrung spricht.

Dadurch, dass die Regisseure die Stücke selber auswählen können, kommt es zu einer Fülle unterschiedlicher Inszenierungen, die den vielfältigen Spielplan des Theaters prägen. Die kommende Premiere, die am 08. Juli 2010 stattfinden wird, ist etwa ein interaktives Kriminaltheater, inszeniert von Victoria Fitz, 24 Jahre alt. Das Stück »Scherenschnitt oder Der Mörder sind Sie!« basiert auf der von Paul Pörtner 1964 geschriebenen Fassung, wurde jedoch von Victoria Fitz neu bearbeitet. Es handelt sich hierbei um eine Theaterform, die aus den USA kommt und bei der das Publikum interaktiv mitwirken kann. Die Handlung ist typisch für einen Krimi: In einem Friseursalon wird ein Mord verübt. Nun aber müssen die Zuschauer gemeinsam mit den Schauspielern ermitteln, wer der Mörder sein könnte. Der Clou hierbei ist, dass das Stück, je nach Ermessen des Publikums, immer ein anderes Ende nehmen kann.

Weiterhin stehen auf dem Spielplan Theaterklassiker wie »Ein idealer Gatte« von Oscar Wilde oder »Wer hat Angst vor Virginia Woolf ?« von Albee. Es werden aber auch moderne dramatische Texte inszeniert. Dazu gehören »Wörter und Körper« nach Martin Heckmanns und das »Gesellschaftsspiel« von Werner Bauknecht.

Ehrenamt und Basisdemokratie

Organisatorisch basiert das ThOP auf einer basisdemokratischen Führung. Zur Zeit sind etwa 18 ehrenamtliche Mitarbeiter für die Leitung des Theaters verantwortlich. Die organisatorische Leitung liegt derzeit bei Frau Barbara Korte, die von fünf Hilfskräften unterstützt wird. Neben den Einnahmen der Produktionen und einigen Spendengeldern, ist es vor allem die Georg-August-Universität, die die Spielstätte sichert, indem sie die Grundkosten übernimmt. Darüber hinaus finanziert sich das Theater im OP durch seine personelle Organisationsform praktisch selbst, indem es seine personellen Ressourcen in erster Linie dem ehrenamtlichen Betrieb entnimmt. »Die ehrenamtlichen Mitarbeiter«, erklärt Ilka Daerr, »treffen basisdemokratisch Entscheidungen für den Betrieb und stehen den einzelnen Produktionen in den meisten Fällen als Regisseure vor«. Berechnet werden müssen dann noch die Kosten für die Werbung und für die Stückrechte. Diese belaufen sich auf 70,- Euro je Aufführung, wobei pro Stück mit 10-12 Auftritten gerechnet wird. Ausgenommen von den Abgaben der Stückrechte sind Werke, bei denen der Autor bereits länger als siebzig Jahre verstorben ist. Aus Werbezwecken werden jeweils im Abstand von vier Wochen insgesamt 120 Plakate und Flyer in Göttingen sowie im Raum Northeim und Nörten-Hardenberg verteilt. Dies geschieht zum einen durch den Stadtverteiler, zum anderen übernimmt eine angestellte Firma diese Aufgabe, die ebenfalls von den Einnahmen bezahlt wird.

Die Eintrittspreise pro Aufführung liegen bei 9 Euro regulär und 6 ermäßigt für beispielsweise Schüler/innen und Studenten/Studentinnen. Die Eintrittskarten können sowohl am ThOP-Stand im Foyer der Zentralmensa als auch an der Abendkasse erworben werden – und auch über das Internet lassen sich Karten bestellen. Eine Altersbeschränkung für die Stücke nach dem FSK gibt es nicht, jedoch wird bei einigen Stücken das Alter der Zuschauer von dem Regisseur selbst beschränkt. So wurden für das Stück »Krabat« erst Zuschauer ab 14 Jahren zugelassen, weil eine Altersbeschränkung hier sinnvoll erschien, obwohl es sich um ein Kinderstück handelt. Das ThOP hat demnach für Jung und Alt etwas zu bieten und ist in jedem Fall einen Besuch wert, alleine um die vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten, wie sie zum Beispiel durch so engagierte Mitarbeiter wie Ilka Daerr durchgeführt werden, zu würdigen.



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 Autor*in:
 Veröffentlicht am 4. Mai 2011
 Kategorie: Misc.
 Litlog
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 Ein Kommentar
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Ein Kommentar
Kommentare
 neumann wiebke
 16. Oktober 2016, 18:25 Uhr

Ich finde es gut , dass es das thop als kulturelle Institution in Götingen gibt. Weiterhin viel Erfolg, W. Neumann

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