Goethe oder Schiller, Bauhaus oder Bratwurst. Weimar, das ist Weltkulturerbe mit Lokalkolorit. Am 26. Dezember 2013 bekam das Klassikerstädtchen nun sogar ein eigenes Tatort-Ermittlerduo, das mit Christian Ulmen und Nora Tschirner prominent besetzt ist. Leonie Krutzinna war bei der Tatort-Preview im Deutschen Nationaltheater in Weimar.
Von Leonie Krutzinna
Der Name spricht für sich: Lessing. In Weimar findet er sich nicht nur in hochkulturell bester Gesellschaft wieder, der Neue aus Hamburg soll hier zudem erfüllen, was sein Name verspricht, nämlich den Mord an Brigitte Hoppe aufzuklären, der Inhaberin des örtlichen Schlachterei-Imperiums. »Nicht Goethe, nicht Schiller, auch nicht Bauhaus. Die Wurstkönigin – auch das ist Weimar!« bringt es Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht auf den Punkt. Sie ist wie auch die Chefetage von ARD und MDR eine der Ehrengäste bei der Preview am 12. Dezember 2013 im Nationaltheater Weimar. Man wollte, so lässt der MDR verlauten, »im Schatten von Goethe und Schiller oder jedenfalls hinter ihrem Rücken, ein neues Paar etablieren«.
Goethe und Schiller in den Schatten stellenUm das berühmteste deutsche Dichterpaar in den Schatten zu stellen, hat der MDR mit Christian Ulmen und Nora Tschirner ein Ermittlerduo verpflichten können, das sowieso schon witziger ist als die Polizei erlaubt. Dazu eine Kulisse, die beiläufig Weltkulturerbe ist, und mit Wiedemann & Berg ein Produzenten-Team, das für Das Leben der Anderen bereits einen Oskar einstecken konnte. Aber reicht das, um wie erhofft 10 Millionen Deutsche an Weihnachten vor den Fernseher zu locken?
Auf der Suche nach dem Wurst-Rezept: Ermittlerduo Tschirner und Ulmen.
Die Story jedenfalls stapelt tief. Weder geht es darum, Schillers Schädel zu finden, noch wird endgültig geklärt, was Goethe so mit Anna Amalia hatte. Mit dem Bratwurstthema hält man den Kontakt zur Basis, die titelgebende »fette Hoppe« ist nämlich die beste Rostbratwurst Weimars. Mit der Ermordung ihrer Erfinderin stirbt für die Weimarer also vor allem eins: das geheime Bratwurst-Rezept. Um dieses wiederzufinden, greift Lessing alias Ulmen schon mal tief in die Schlachtabfall-Kiste.
Schlagabtausch mit SchlüpfrigkeitenOhne Ulmen und Tschirner, ohne diesen 90-minütigen Schlagabtausch mit Schlüpfrigkeiten würde das Format überhaupt nicht funktionieren. Denn was einen Krimi sehenswert macht, fehlt hier weitestgehend: Weder setzt der Film auf Spannung noch auf komplex psychologisierte Charaktere, stattdessen gibt es Klamauk zwischen Kopsteinpflaster und Pferdekutsche. Mit Krimi hat das so wenig zu tun wie Bratwurst mit Schleswig-Holstein.
Der Kommissaren-Kult hat sich hiermit endgültig vom Mord emanzipiert, fesselnd sind allenfalls die Side Stories, nicht der eigentliche Plot. Was uns das leitmotivisch wiederkehrende Wunderbäumchen im Dienstwagen sagen will, interessiert mehr als das Alibi des Hauptverdächtigen. Überzeugen kann immerhin das liebevoll ins Drehbuch geschriebene Lokalkolorit, das so unprätentiös daherkommt wie die Thüringer ihre Hackepeter-Brötchen verdrücken.
Der erste Tatort Weimar wird am 26.Dezember 2013 um 20:15 Uhr auf ARD ausgestrahlt.
Dazwischen wird Kaugummi mit Geschmacksrichtung »toter Schlumpf« gekaut und die hochschwangere Kommissarin fürs Torte essen gerügt, weil ohnehin der Boden bebt, wenn sie durchs Präsidium trampelt. Dieses »Wagnis Weihnachtskrimi«, wie es von Seiten des MDR heißt, traut sich unter die Gürtellinie, viel mehr aber auch nicht. Der MDR jedenfalls wähnt sich mit diesem Konzept siegessicher und hat bereits die Fortsetzung angekündigt. Vielleicht kommen nächstes Jahr ja Ballauf und Schenk aus Köln auf eine Bratwurst rüber und decken auf, dass Weimar mehr zu bieten hat.