Das kleine Münchner Privattheater Metropol zeigt in Die Wiedervereinigung der beiden Koreas, dass es nicht viel bedarf, um den Facettenreichtum der Liebe abzubilden. Dabei überzeugt nicht nur die Inszenierung, sondern auch das Theater im 50er-Jahre-Stil lädt zum Wohlfühlen ein.
Von Anika Tasche
Im ehemaligen Kino Freimann, in München Schwabingen-Freimann, befindet sich das Metropoltheater. Ein privates Theater, das 1998 gegründet wurde und es sich zum Ziel gesetzt hat, möglichst Stücke aufzuführen, die in München noch nicht zu sehen waren.
Klein, aber feinAn einem verregneten Tag trieb es auch mich mit ein paar Freund*innen in dieses kleine Theater an das ein kleines, aber überaus charmantes Restaurant anknüpft, in dem man vor dem Stück und während der Pause etwas essen und trinken kann. Alles ist im Stil der 50er Jahre eingerichtet und lädt zum Wohlfühlen ein. Das Konzept setzt sich auch im Schauspielsaal fort. Betritt man diesen, bemerkt man schnell, dass es sich um einen alten Kinosaal handelt, denn der Zuschauerraum ist wie ein Rang aufgebaut. Die Leute in den 50er Jahren müssen weitaus kleiner gewesen sein als ich es bin, denn die Beinfreiheit war doch begrenzt.
Überzeugende RollenvielfaltGezeigt wurde an diesem Abend Joël Pommerats Die Wiedervereinigung der beiden Koreas. Was zunächst nach einem politischen Stück klingt, hatte nicht wirklich etwas mit Politik zu tun, denn im Zentrum der Inszenierung stand die Liebe. Im Text treffen in 20 kurzen Szenen 27 Frauen und 24 Männer aufeinander und zeigen, wie viele Facetten der Liebe es gibt. Gespielt
Der Titel des Abends wiederum stammt aus einer Szene, in der ein Ehemann (Butz Buse) seine demente Frau (Nikola Norgauer) in einer Klinik besucht. Dabei steht sie jeden Tag wieder einem Fremden gegenüber. Dem Mann bleiben dabei nur die Erinnerungen an die erste Zeit der gemeinsamen Liebe: »Als wir uns kennenlernten, war es perfekt. Es war, als wenn Nordkorea und Südkorea ihre Grenzen öffnen und sich wiedervereinigen würden.«
Platz für PhantasieLeere dominierte das Bühnenbild. Lediglich kleine Requisiten wie etwa Sitzkissen oder Sektgläser brachte das Ensemble immer wieder mit auf die Bühne, um die Szene zu verbildlichen. Mehr benötigte der Abend aber auch nicht, um die Liebe abzubilden. Denn die einzelnen Szenen schafften es immer wieder, innerhalb von wenigen Minuten ganze Geschichten zu erzählen. So konnte der Leerraum mit Phantasie gefüllt werden. Zwischen den einzelnen Auftritten gab es Lieder des israelischen Musikers Asaf Avidan, den man an diesem Abend wohl (wieder)entdecken konnte.
Wegen der Vielschichtigkeit der Liebesszenen mussten sich die Zuschauer*innen immer wieder auf neue Situationen einlassen, was zu emotionalen Sprüngen führte. Von der Liebe zwischen einem Priester und einer Prostituierten ging es zur Pädophilie bis hin zur Affäre zwischen Nachbarn. Durchaus überzeugend war dieser Facettenreichtum. Allerdings hätten eventuell auch 15 Szenen gereicht, um diese Varianzen der Liebe abzubilden.
Perfekt für Freund*innenWer Lust hat, einen Theaterabend mit Freund*innen in einer schönen Atmosphäre zu genießen, dem sei das Metropoltheater ans Herz gelegt. Vor der Aufführung kann im Restaurant noch etwas geplaudert werden, bis man dann kleine, aber nicht weniger überzeugende Inszenierungen sieht. Die Wiedervereinigung der beiden Koreas lädt zum Nachdenken ein, kann aber wohl als leichte Unterhaltung klassifiziert werden. Also genau das Richtige für einen Freund*innenabend. Mal sehen, welche Freund*in mich beim nächsten Besuch im Metropoltheater begleiten darf, denn der Vorhang fällt erst, wenn ich mehr gesehen habe.