Am GRK 1787 forschen Promovierende zu den verschiedenen Auswirkungen der ‘digitalen Revolution’ auf den gegenwärtigen Literaturbetrieb. Auf Litlog stellen die Kollegiaten sich und ihre Projekte vor. Heute: Kai Matuszkiewicz und seine Promotion zu The Legend of Zelda.
Bitte umreiße kurz Dein Promotionsvorhaben für uns.
Worum geht es in meinem Promotionsvorhaben? Tja, das ist eine schwierige Frage. Mein Projekt hat zwei Zielsetzungen: Einerseits möchte ich ein neues theoretisches Modell entwickeln, das digitale Spiele mit Erzählstrukturen als hybride Phänomene begreift, die theoretisch-methodisch nur angemessen analysiert werden können, wenn man die mediale Hybridisierung beider Phänomene auf ästhetischer wie ontologischer Ebene mit einem hybriden Theoriemodell zu erklären versucht, welches die bestimmenden Potenziale dieser Spiele – Interaktivität und Narrativität – als integrale Bestandteile einer Symbiose begreift, in der sich beide Ausgangsentitäten vollkommen auflösen und zu etwas verschmelzen, das ich Internarrativität nenne.
Was interessiert Dich dabei besonders?
Neben The Legend of Zelda fasziniert mich bei digitalen Spielen ihre Fähigkeit, Erzählung und Spiel in einer bisher nie dagewesenen Form miteinander zu verbinden. Es gab zwar schon immer Formen die Interaktion und Narration wie die Vorlesegesellschaften semioraler Kulturen, aber in keiner sonstigen medialen Form erleben beide eine derartig intensive Symbiose, sodass erst hierdurch neue ästhetische Potenziale freigesetzt werden. Denn, und das sollte man nicht vergessen, die auf Offenheit hin angelegte spielerische Interaktion (mit Menschen oder mit Computersystemen) basiert auf der potenziellen Offenheit des Ausgangs, wohingegen die Narration ein Eingriff seitens des Rezipienten in den klassischen genuin narrativen Medienformaten ausschließt.
Die neuen Chancen für den Spieldesigner wie auch die Spieler sind immens, können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir viele Aspekte dieses Phänomens bisher noch nicht erklären können und weiterhin nach einer zufriedenstellenden Lösung (die es niemals geben kann) suchen. Hierin liegt für mich ein besonderer Reiz. Man kann auf einem noch jungen Feld forschen, das vom internationalen Forschungsdiskurs in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren aber oft umgepflügt wurde und noch Optionen für viele neue Anstöße bietet. Hieran sieht man auch, dass Wissenschaft ein Diskurs des permanenten Wandels ist, der immer nach neuen Erkenntnissen sucht und keine axiomatischen Basissätze artikulieren möchte. Manche finden diese ephemere Gestalt bedauerlich, ich finde sie toll. Hat doch was, wenn dein ‚Geschwafel von vor fünf Minuten‘ irgendwann vergeht! (lacht)
Welchen Stellenwert hat die Digitalisierung für Dein Promotionsprojekt?
Zuerst muss man ja feststellen, dass es mein Projekt ohne Digitalisierung und die digitalen Kommunikations- und Informationssysteme nicht geben würde und ich arbeitslos wäre. Aber Spaß beiseite! Viele Phänomene und Medien existieren nur bzw. in dieser Form nur durch das Digitale, sodass wir sie ohne diese nicht hätten, was nicht nur die Forschung, sondern auch unsere Kultur ärmer machen würde. Zudem offerieren einem die Neuen Medien zahlreiche Möglichkeiten des Forschens, die es früher nicht gab. Wir haben riesige Datenbanken, Online-Bibliotheken und -museen, Online-Arbeitsgemeinschaften, Programme zur Datenspeicherung und -verarbeitung und nicht zuletzt neue Formen der Analyse und Darstellung im Zusammenhang dessen, was man heute Digital Humanities nennt, eine Schnittstellendisziplin zwischen Kulturwissenschaften und Informatik, die sich den veränderten Anforderungen unserer neuen Zeit stellt.
Durch alle diese beschriebenen Tools können wir schneller an unsere Forschungsgegenstände oder die benötigte Literatur kommen und wir können uns nicht zuletzt besser vernetzen. Wir können all das machen, wofür Arpanet (Vorläufer des Internets Anm. d. Red.) einst gedacht war – der Austausch zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weltweit. Die Digitalisierung verändert unsere Art zu forschen und letztlich auch zu publizieren, wenn man nur an die Open Access-Bewegung denkt. Als Forscher befinden wir uns durch die Digitalisierung gerade an einem unglaublich spannenden Wendepunkt, dessen Weiterentwicklung ich interessiert erwarte.
Gibt es ein Netzfundstück, das zu deiner Arbeit passt?
Einen direkten Favoriten habe ich da nicht; das wechselt von Zeit zu Zeit. Prinzipiell finde ich alle Sachen interessant, bei denen aktuelles Geschehen in irgendeiner Form kritisch-satirisch kommentiert wird. Momentan sind das hauptsächlich Montagen im Zuge der Trollface-Bewegung. Aber dieses Video passt auch.