Modeblogger betreiben mithilfe ihrer Bekanntheit und durch geknüpfte Kontakte heutzutage nicht nur ihren Blog. Längst wechseln die Erfolgreichsten auch das Veröffentlichungsmedium – statt gebloggt und gepostet, wird nun gedruckt und geblättert. Blogger erobern die Printmedien. Willkommen im Zeitalter des Modejournalismus 3.0: Postest du noch oder druckst du schon?
Von Sophie Peitzmeier
Drei Klicks und einmal mit dem Mausrädchen herunter scrollen, dann befindet sich der treue Leser wieder auf dem neuesten Stand. Das Internet bietet für unzählige Modeblogs eine Plattform zum Präsentieren und Posten. Im letzten Artikel stellten wir fest, dass heute niemand mehr ein Stück Papier in die Hand nehmen muss, um sich zum Thema Mode zu informieren. Der frei zugängliche Modeblog bildet mittlerweile eine Alternative oder sogar einen Ersatz zum kostspieligen Printmedium. Doch stellte sich heraus, dass Blog und Print durchaus eine erfolgreiche Beziehung miteinander eingehen können, nicht zuletzt am Beispiel der schwedischen Bloggerüberfliegerin Elin Kling. Das Bloggen über Lieblingsdesigner, eigene Outfits und die In-Party von letzter Nacht wurden ihr irgendwann zu wenig. Neben der eigenen kleinen aber feinen Kollektion mit dem schwedischen Modegiganten H&M, bringt sie nun schon seit einem Jahr ihre eigene Zeitschrift Styleby heraus. Nun fragen wir uns: Muss der Blogger von heute also auch in der Printlandschaft vertreten sein, um wirklich erfolgreich zu sein?
Ein gutgehender Modeblog bringt nicht nur viele Leser hervor, sondern auch zahlreiche Nachahmer und Konkurrenten. Viele Modebegeisterte und Mitteilungsbedürftige berichten inzwischen über ihr Leben und ihre eigene individuelle und bunte Modewelt. Und da der trendbewusste Leser immer neue Ideen fordert – und zwar nicht nur in Bezug auf den Inhalt, sondern auch auf das Format – müssen sich die erfolgreichen Blogger etwas einfallen lassen, um nicht von der modebegeisterten Bloggerkonkurrenz überholt zu werden.
Erfolgreich vorgemacht hat es der Übervater des Streetstyle-Blogs, Scott Schuman. Der begann 2005 damit, fremde Menschen auf der Straße zu knipsen und die dabei entstandenen Fotos auf seinem Blog The Sartorialist.com zu veröffentlichen. Straßentrends machte er damit einem Millionenpublikum zugänglich. Seitdem gilt er als Mitbegründer der Straßenmode, eine Erscheinung, durch die die Modeszene ein gutes Stück an Realitätsnähe und Authentizität gewann. Schuman erkannte jedoch nicht nur das Potenzial der Straßenfotografie, sondern entdeckte auch die vor allem finanziellen Vorteile des Prints wieder. 2009 veröffentlichte er einen über 500 Seiten starken Band mit seinen Lieblingsfotografien und -looks. Das New York Times Style Magazine lobte das Buch und riet Platz zu machen im eigenen Bücherregal, die Modewelt feierte Schuman – und die Fans? Die kauften und blätterten, anstatt die Blogseiten unentgeltlich herunter zu scrollen. Im September 2012 soll ein zweiter Band erscheinen. Auf seiner Blogseite verrät Schuman, dass er einige besonders gute Aufnahmen dafür zurückhält. Ein altbekannter Schachzug, der das Buch, im Gegensatz zum immer greifbaren Blog, zu etwas Exklusivem macht. Sicher greift hier auch der fortwährende haptische Vorteil des Printmediums, nämlich die einzelnen Seiten anfassen zu können, das Blätterrascheln beim Umblättern zu hören und bei einem Foto auch einmal ganz genau hinschauen zu können. Nach dem Schmökern wandert das Werk ins eigene Bücherregal und verschwindet nicht einfach mit einem Mausklick. So bekommt Mode zum Anfassen eine neue Bedeutung.
Die Wiederentdeckung des Prints: Dem Übervater des Streetstyle-Blogs, Scott Schuman (thesartorialist.com), reicht der Blog nicht mehr aus. 2009 veröffentlichte er einen über 500 Seiten starken Band mit seinen Lieblingsfotografien und -looks. Beworben wird der Band natürlich auch über den Blog.
Auch in Deutschland kann man den Wechsel von Bloggerkariere zum Printmedium beobachten. Jessica Weiß und Julia Knolle, die Begründerinnen des erfolgreichsten deutschen Modeblogs LesMads, brachten 2011 ein Buch unter dem Namen Modestrecke: Unterwegs mit LesMads heraus. Darin nehmen die beiden Autorinnen die Leser ein Stück weit mit, auf eine Reise in die Blogger- und Modewelt von Berlin über Stockholm und Paris bis nach New York. Auf eine sehr authentische und besonders sympathische Art erzählen die beiden von ihren Anfängen sowie dem Phänomen und der Revolution des Modebloggens, warum aus Angela Merkel nie eine Michelle Obama wird oder auch von der Ode an die Strumpfhose. Modestrecke wurde nicht nur in Modekreisen diskutiert, sondern hat die zwei Autorinnen sogar bis zu Stefan Raabs Show TV-Total gebracht. Ein Buch über das Modebloggen in einer großen TV-Show – hier greifen drei Medien ineinander. Das Onlineprojekt Modeblog wird als Buch in das Medium Print transformiert, das dann wiederum im Fernsehen präsentiert wird. Das Bemerkenswerte stellt in diesem Fall die Intermedialität dar, die mit dem heutigen Technikstand in Zukunft wohl häufiger unterschiedlichste Medien vereinen wird und das nicht nur zum Thema Mode.
Eine große Erfolgswelle bricht zurzeit auch über die so genannten Do-It-Yourself-Seiten, kurz DIY, herein. Auf diesen Blogs erklären Kreative, wie man mit ein paar Zutaten, Werkzeug, handarbeitlichem Geschick und vor allem Phantasie, kleine Schätze anfertigen kann. Da wird Omas Kleid zum Wickelrock umgenäht, die kaputten Ohrringe vom Flohmarkt werden zu einer Kette umfunktioniert und die Schuhe, die für die Kleidersammlung bestimmt waren, bekommen einen neuen Anstrich. Besonders junge Leute entdecken Handarbeit und Nähmaschine für sich neu. Da wundert es kaum, dass in der letzten Zeit immer mehr DIY-Bücher in die Buchläden flattern. Erica Domesek, Gründerin und Autorin des DIY-Blogs P.S.- I made this… war eine der ersten Bloggerinnen, die aus ihren Ideen ein Buch machte. Schon 2010 zeigte sie kaufbereiten Lesern im gleichnamigen Buch, mit welcher Werkzeugausstattung Schmuck, Accessoires und Kleidung hergestellt oder interessanter gemacht werden können.
Es muss allerdings nicht immer eine verhältnismäßig teure Printausgabe sein, die das Blogwissen in den Handel trägt. Statt Taschenbüchern und teuren Bildbänden kann das gedruckte Bloggerwerk ebenso im Zeitschriftenformat erworben werden.
Die Siegerin unter den druckenden Bloggern ist mit Abstand die Schwedin Sofi Fahrman. Neben ihrem Blog Sofis Snapshots, auf dem sie von ihrem recht glamourösen Leben zwischen Stockholm und New York berichtet, erscheint seit 2008 die Zeitschrift mit ihrem eigenem Namen Sofis Mode. Dort finden Leser schwedische Trends, Kauftipps für günstige Mode und Starneuheiten. Doch das reicht der schönen Schwedin noch lange nicht und so geht sie nur ein Jahr später unter die Romanschreiber. Innerhalb von gerade einmal zwei Jahren veröffentlicht sie drei Bände, die von der jungen Schwedin Elsa Gustavsson handeln. Die Protagonistin mausert sich im Laufe der Handlung von einer jungen Modebloggerin ohne Kontakte zu einer bekannten Moderedakteurin und bloggt sich in die Herzen ihrer Leser. Wo haben wir diese Geschichte nur schon einmal gehört? Und so geht das Märchen der erfolgreichen Modeblogger weiter und das nicht nur in Sofi Fahrmanns gedruckten Romanen. Die Lichtgestalten sind in diesen Geschichten meistens die druckenden Blogger, die durch ihre Veröffentlichung im Printmedium ein Stück weit Unsterblichkeit erlangt haben. Wenn das nicht märchenhaft ist.