Neu gestaltete Folder und Plakate in Gelb und Magenta sind haptisch-visuelle Signalwirkung für die Umstellung vom Halbjahres- auf ein Quartalsprogramm des Literarischen Zentrums. Die Zeitraum-Verschlankung führt natürlich nicht zur Reduzierung von Inhalten. Wir haben es schließlich mit Profis zu tun!
Von Dorothee Emsel
Am vergangenen Donnerstag präsentierte das Team des Literarischen Zentrums unter der Leitung von Anja Johannsen und Gesa Husemann das neue Programm des Literarischen Zentrums, das erste der angestrebten Quartalsveröffentlichungen. Schwierig, so Johannsen, war stets die lange Vorlaufzeit der Halbjahresplanung, zudem schien die Integrierung des Kinder-und Jugendprogramms in das landläufige Programmformat sinnvoll, da nur wenige Veranstaltungen dieser Reihe öffentlich sind – diese finden sich dann in den Programm-Leporellos, eine komplette Auswahl im Netz.
Neu ist auch, dass der Literaturherbst in diesem Jahr außerhalb der regulären Festival-Zeit Einzug hält, und zwar durch den Ausbau einer frühjahr- und sommerlichen Kooperation mit dem Zentrum. Der Programmberater des Literaturherbstes, Stephan Lohr, erklärte dies so: Man sei ohnehin schon gemeinsam an »Autoren dran«, von denen einige das Literaturherbst-Zeitfenster nicht wahrnehmen könnten. Der Literaturherbst sei darüber hinaus ein Ganzjahresbetrieb, der die Kapazitäten zur Programmplanung auch außerfestivalig aufbringen könne. Darüber hinaus aber bleiben beide Institutionen Hauptausrichter ihres eigenen Programms, sie rücken halt mal ein bisschen näher zusammen. Finden wir schön.
Nun die Highlights des Programms bis zum März dieses Jahres:
Den Auftakt zur neuen Saison bildet Navid Kermani, musikalisch begleitet von Mariana Sadovska, im Gespräch flankiert von Heinrich Detering. Mit Entlang der Gräben präsentiert der Friedenspreisträger am 2. März einen Reisebericht, der kulturell-poetologische Eindrücke des Autors über mehrere Stationen offenbart.
2018 markiert den 200. Geburtstag von Karl Marx, sein Kapital ist nunmehr 150 Jahre existent. Zu diesem Anlass richtet das Zentrum eine Jubiläumsveranstaltung aus: Der literaturwissenschaftliche Ökonom Joseph Vogl und Thomas Steinfeld, u.a. ehemaliger Feuilletonchef der Süddeutschen Zeitung, präsentieren Steinfelds Der Herr der Gespenster, eine historisch-philosophisch-literarische Beleuchtung des Marxschen Kapitals. Im Anschluss folgt die Premiere der ARTE-Produktion1 Karl Marx und die Marxisten. Am 9. März (die Filmpremiere kann auch unabhängig von der Lesung besucht werden).
Kurz vor der Leipziger Buchmesse fällt der Startschuss für eine neue Reihe: »Love it or Leave it«. Hier darf das Zentrums-Publikum sich in Sexyness zusammenkuscheln, denn programmatisch für die neue Reihe ist die literarische Betrachtung neuer Liebesmodelle. Geladen sind die Autorinnen Patricia Hempel und Angela Steidele, die neben der Präsentation des Romans Metrofolklore (Hempel) und der erotischen Biographie (Steidele) auch mit der ZEIT-Kolumnistin Marie Schmidt in Austausch über Mono(gamie) oder No-Mono(gamie) treten. Am 13. März.
Am 22. März wird es hitzig und jeder darf mitdenken: Der zweite Teil der Reihe »Wir müssen weiter reden. Populismus und Widerstand« bringt Kristin Harney, Per Leo und Thomas Wagner auf die Bühne, die einen Austausch über den Sinn oder Unsinn öffentlicher Podiumsdiskussionen mit Rechtspopulisten pflegen werden.
Der Herr Peymann kommt auch. Am 8. April liest der ehemalige Intendant des Berliner Ensembles aus Thomas Bernhards Holzfällen. Eine Erregung. Diese Veranstaltung reiht sich ein in das Programm des JT Göttingen, welches Anfang September 2017 in seine 60. Spielzeit hineinfeierte. Und erinnern darf man sich hier gern des Ruhms: Seine erste Inszenierung hatte Claus Peymann mit Auf hoher See/Karol 1964 am Jungen Theater. Die Vorbereitung dieses Abends lag auch in den Händen des Zentrums, somit besteht hier geschwisterliche Zusammenarbeit.
Das Literarische Quartett Göttingens tritt in gleicher Konstellation wie im Vorjahr auf: Eckhart Kohl, Friederike von Criegern, Margarete von Schwarzkopf und Tilman Winterling liefern am 17. April eine Messenachlese im Rahmen der Reihe »Leipziger Allerlei. Neuerscheinungen auf den Tisch«. Eigentlich war angedacht, dass die Belegschaft ganz im Sinne des Originalformats jährlich wechseln sollte. Offensichtlich aber fanden es alle so schön, dass sie nochmals gemeinschaftlich die Highlights der Leipziger Buchmesse präsentieren.
Es gibt viel zu bestaunen, weniger Zeit also, die für Geschimpfe über das miese Wetter übrig bleibt. Wer noch mehr Zentrumswärme für das Winterherz benötigt, schaue hier.