Im letzten Teil unserer Interviewreihe »Was ist eigentlich Kunst?« verrät der Galerist Oliver Ahlers, wie er im Kunststudium erkennen musste, gar nicht malen zu können, warum er seine Seele an die Kunst verkauft hat und weshalb Kunst, die man versteht, häufig langweilig ist.
Von Verena Zimmermann
Verena Zimmermann: Wie sind Sie zu Ihrem Beruf als Galerist gekommen?
Oliver Ahlers : Puh, das ist 30 Jahre her. Woher soll ich das denn noch wissen? Also ich bin bestimmt nicht morgens aufgewacht und wusste plötzlich: Ich werde Galerist, sondern das Ganze hat sich langsam entwickelt. Ich habe Kunst studiert und dann gemerkt, dass ich eigentlich gar kein Künstler bin, sondern Kunst viel besser vermitteln kann. Die Idee, Galerist zu werden, ist also eigentlich aus der Hilflosigkeit heraus entstanden, dass ich nicht malen konnte, obwohl ich es gerne wollte. Ich habe mir dann meine ersten Galerieräume angemietet – damals mit 30 Quadratmetern noch ganz klein und bescheiden – und so ging es los.
V. Z.: Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf?
O. A.: Die Nähe zur Kunst! Ich bin ständig von Kunst, denjenigen, die Kunst machen und denen, die Kunst kaufen, umgeben. Zwischen all der Kunst in der Mitte zu stehen, macht mir große Freude.
V. Z.: Muss man als Galerist denn eher künstlerisch oder eher kaufmännisch veranlagt sein?
O. A.: Ich komme eindeutig von der Kunst-Seite. Das Kaufmännische musste ich erst mühsam lernen, deshalb waren die ersten zehn Jahre im Galeriewesen auch nicht gerade lustig. Aber irgendwann konnte ich auch das und bin mittlerweile auch kaufmännisch topfit.
V. Z.: Ich möchte noch mal auf den ökonomischen Aspekt von Kunst zurückkommen. Kann man sagen, welche Kunst sich besonders gut oder eher mäßig verkauft?
O. A.: Das weiß ich nicht, denn darauf achte ich auch gar nicht. Das, was mir gefällt, mache ich. Da bin ich eben kein Kaufmann. Sonst wäre es auch keine gute Galerie, denn sie muss verkörpern, was Kunst wirklich ist. So ist das eben, wenn man zeitgenössische Künstler vertritt, da verkauft man als Galerist seine Seele gleich mit! (lacht)
V. Z.: Worauf achten Sie denn genau bei der Gestaltung Ihrer Galerie?
O. A.: Wir möchten das, was wir präsentieren, natürlich auch möglichst gut präsentieren. Deshalb achten wir darauf, wie wir die Werke bei der Hängung und bei der Farbauswahl am besten inszenieren. Wir möchten nämlich nicht, dass sich die Galeriebesucher durch hunderte von Werken wühlen, sondern dass sie sich bei ausgewählten Stücken lieber mehr Zeit nehmen.
V. Z.: Und worauf kommt es Ihnen bei der Auswahl der Künstler und Kunstwerke, die Sie präsentieren, an?
V. Z.: Inwiefern unterscheidet sich Ihre ›Galerie Ahlers‹ von anderen Galerien?
O. A.: Wir sind schon 30 Jahre da, das heißt, dass wir viel Erfahrung haben. Außerdem gibt es außer uns kaum eine Galerie in Niedersachsen, die auch international arbeitet. Darüber hinaus bin ich meinen Künstlern sehr treu und gehe da nicht nach irgendwelchen modischen Tendenzen in der Kunstbewegung.
V. Z.: Haben Sie ein Lieblingskunstwerk oder einen Lieblingskünstler?
O. A.: Nein, hab ich nicht, dafür gibt es einfach zu viele. Ich habe ja nun mal den Luxus, da ständig auswählen und wechseln zu können. Wenn ich mich aber einmal für etwas Besonderes entschieden habe, dann ist mir das nicht gleich ein paar Wochen später völlig gleichgültig.
V. Z.: Was war das erste Kunstwerk, das Sie für Ihre private Sammlung erworben haben?
O. A.: Das war ein klassisches Ölgemälde aus dem 18. Jahrhundert aus England. Ich bin da sehr offen und finde eben auch Zugang zu alten Werken. Mittlerweile bin ich wohl der größte Sammler hier und habe hunderte von Werken.
V. Z.: Welches Kunstwerk würden Sie noch gerne privat besitzen?
O. A.: Viele! Turner, Warhol, Richter … An die Jungen, wie Jan Fabre, der in Venedig bei der Kunstbiennale ausgestellt hat, könnte ich ja noch dran kommen. Das wäre also kein Traum.
V. Z.: Kommen wir zum Abschluss zur Leitfrage unserer Interviewreihe: Was ist eigentlich Kunst für Sie?
O. A.: Das kann ich nicht beantworten… Kunst muss mich angehen, muss mich beeinflussen können und dürfen. Kunst muss ich auch nicht unbedingt verstehen. Wenn ich sofort ein System in einem Kunstwerk erkenne, finde ich es häufig eher langweilig. Ich will das Geheimnis in einem Kunstwerk gar nicht lösen.
Mehr aus der Reihe »Was ist eigentlich Kunst?« von Verena Zimmermann: Die Glosse Kunstbetriebeschaden und die Interviews mit dem Göttinger Künstler Georg Hoppenstedt, der Kunstgeschichte-Studentin Tanja Swaczina, zwei Nachwuchskünstlern aus dem Kinderkunstklub und dem Professor für Kunstgeschichte Dr. Carsten-Peter Warncke.
Interessantes interview, hat mir sehr gefallen.