Wiglaf Droste erweist sich in seinem Kolumnenband Will denn in China gar kein Sack Reis mehr umfallen? (Reclam) abermals als strenger Geschmacksdiktator. Voller Witz, voller Hingabe und voller Polemik prangert er an, beleidigt und fordert auf, das Schlechte zu vernichten.
von Christoph Hoffmann
Wiglaf Droste, Vollblut-Westfale, Dresdner, Berliner, Reisender, Genießer, Brandredenschwinger und Hassprediger mit Sternzeichen Eisbär (»grimmig, flauschig, schnell«) macht auch in seinem Kolumnen-Band Will denn in China gar kein Sack Reis mehr umfallen? genau das, was er am besten kann: Voller Witz, voller Hingabe und voller Polemik das Schöne auf der Welt loben und anpreisen und gleichermaßen das Schlechte anprangern, beleidigen und dazu auffordern, es zu vernichten. Dabei geht er gewohnt unzimperlich und politisch höchst inkorrekt vor, was den ein oder anderen zart besaiteten Leser verschrecken mag, für alle andern aber ein riesiger Spaß ist. Er erweist sich dabei, altbekannt aus seinen vorigen Werken, wieder mal als strenger Geschmacksdiktator.
Droste nimmt eine schwer kartographierbare Position irgendwo zwischen Linksintellektuellentum und »Oppa erzählt von Früher« ein und statuiert von da aus seine Meinung zu allem, was ihn zu bewegen scheint. In seinen Meinungen ist Droste standhaft, Möglichkeiten zum Widerspruch gibt es nicht. Wer sich auf ihn einlässt, muss eben akzeptieren, dass Brandenburg, Wolf Biermann oder studentische Verbindungen Teufelszeug sind.
In knapp 80 kurzen Texten, die in der Länge zwischen zwei Zeilen und fünf Seiten liegen, widmet sich Wiglaf Droste also verschiedensten Dingen, Alltagssensationen und Ereignissen. Er meckert über die Eisbär-Knut-Euphorie oder über bescheuerte Namen für moderne Wellness-brausen, schwingt glühende (und, wer würde ihm hier widersprechen wollen, im höchsten Maße berechtigte) Hasstiraden gegen den selbstherrlichen Wolf Biermann und immer wieder gegen das permanent stänkernde und schlecht schreibende und noch schlechter malende »Gewissen der Nation« Günther Grass, singt aber gleichermaßen wunderschöne Loblieder über Bernd Pfarr, Pilze-Sammeln in Thüringen oder über Filme von Billy Wilder.
Auf der anderen Seite liebt und genießt Wiglaf Droste mit einer derart verlockenden Hingabe, dass man ihm auch da blind ergeben ist. Wenn er über Honig schreibt, will man sofort welchen essen, wenn er über James Krüss schreibt, will man sofort alle dessen Bücher lesen.
Wiglaf Droste ist ein ebenso begnadeter Verführer wie Anführer. Und seine Gefolgschaft wird auf jeden Fall bestens unterhalten.
Es kann sich einzig die Frage stellen, inwiefern Will denn in China gar kein Sack Reis mehr umfallen? sich von den anderen Büchern Drostes unterscheidet. Die Antwort: eigentlich gar nicht.
Lesenswert sind sie alle, dieses ist keine Ausnahme.