Heute um 18:00 Uhr wird der Deutsche Buchpreis vergeben. Auf der Shortlist: Monique Schwitters Eins im Andern aus dem Droschl-Verlag. Ob es der Roman über die 12 Verflossenen der Protagonistin zurecht unter die besten sechs Neuerscheinungen 2015 geschafft hat, verrät uns Astrid Schwaner.
Von Astrid Schwaner
Monique Schwitters namenlose Erzählerin spürt in ihrem neuen Roman Eins im Andern den zwölf Männern nach, die in ihrem Leben wichtig waren: »Petrus, dann Andreas: der Beginn einer Reihe, wenn wir die Namen ernst nehmen, einer Zwölferreihe, zwölf Namen, zwölf Männer.« Die Erzählung beginnt, als die Protagonistin zur Ablenkung von einer Schreibblockade – erzählende und erzählte Autorin verschwimmen, wie Schwitters in Interviews bestätigte – ihre erste Liebe googelt und von deren Selbstmord vier Jahre zuvor erfährt. Sie macht die Liebesrecherche zum Ausgangspunkt eines neuen Romanprojektes.
Leicht und assoziativ heruntererzählt, wiegt der Roman den Leser in den Halbschlaf. Angenehm benommen lauscht er dem Erzählfluss, der einige gute Gedanken bereithält:
Einer nach dem anderen, murmle ich, als ich mir in der Küche einen Kaffee mache, eins geht ins andere über, eine Liebe in die andere. Oder bleibt die Liebe immer dieselbe, bleibt sie sich treu? Ändern sich nur ihre Gefäße?
Die Liebesepisoden selbst verströmen jedoch wenig Faszination, sie wirken nicht nach. Legt man das Buch ein paar Tage aus der Hand, weiß man schon nicht mehr, hinter welchem Apostelnamen sich welche Männerbekanntschaft verbarg. Gewürzt wird die etwas fade Männerconsommé mit urigen Großmutter-Zitaten à la »Die Liebe, mein Herz, sucht man sich nicht aus« und »nichts bleibt, wie es ist«. Es tummeln sich noch einige Tiere, etwa eine Hündin als treuste Autorinnen-Muse und ein fliegender Pinguin, dessen Sinn verborgen bleibt. Andere Motive werden hingegen mit Gewalt enthüllt, wie etwa das überdeutliche Schuhmotiv am Romanende: »Ich trage heute richtige Schuhe, robuste Stiefel, keine hohen Riemenpumps wie früher. These boots are made for walking. Ich habe gehen gelernt.« Den Bezug zwischen Schuhwerk und innerer Entwicklung der Protagonistin hätte der Leser auch ohne die letzten zwei Sätze verstanden.
Schön und alltäglichSchön ist der offene, suchende Blick auf die Liebe, auf das, was sie ist, und wie man mit ihr umgeht. Auch die Sprache gefällt bis auf einige Ausrutscher in ihrer unaufgeregten und pragmatischen Art. Große Spannung entwickelt die zu egozentrische Liebes(rück)schau jedoch nicht. Man meint vielmehr den zu Selbsthilfezwecken verfassten Tagebucheinträgen einer leicht ermüdeten Frau im mittleren Lebensalter zu folgen, die für Außenstehende wenig Bedeutung haben. Die Liebe bleibt auch nach der Lektüre undurchschaubar, fast banal. Vielleicht wird man in zwanzig Jahren zu recht rühmen, dass Schwitter in ihrem Roman das Lebensgefühl einer (Frauen-)Generation präzise und unaufdringlich eingefangen habe. Im Moment erscheint die Geschichte jedoch so alltäglich, dass man fürchtet, die Lektüre würde nach dem Schließen des Buchdeckels gleich wieder vergessen. Es ist nichts dagegen einzuwenden, dieses Buch zu lesen. Der Hype um diesen Roman erschließt sich jedoch nicht.