43 Jahre nach dem Ableben des Vodoo Child erklingt die Stimme von James Marshal »Jimi« Hendrix erneut. Auf der Suche nach Material für einen neuen Film über Hendrix haben Alan Douglas und Peter Neal einen ganzen Wust von privaten Notizen des Musikers zusammengetragen. Sie legen Zeugnis ab von seiner unbändigen, kreativen Auseinandersetzung mit der Welt – und nun sind sie in einer liebevoll gestalteten und mit Kohlezeichnungen versehenen Ausgabe erschienen.
Von Till Deininger
Aus persönlichen Notizen auf Bierdeckeln in Bars, von Servietten aus Restaurants und Tournee-Postkarten an seinen Vater, aus Interviews und aus seinen Tagebüchern haben die Herausgeber ein Mosaik seines Lebens zusammengesetzt, das die Qualität der meisten Autobiografien bei weitem übertrifft. Man mag stutzen über die Genrezuschreibung des Buches, aber die Intimität der Beobachtungen lässt keinen anderen Schluss zu: Jimi ist der Autor seiner Biografie. Die Tatsache, dass die Texte nicht durch die verklärende Retrospektive des alternden Egos verklärt worden sind, steht für ihre Originalität – hinsichtlich der Zeit und der Ansichten.
Das Leben ist ein WunschsandwichNahezu unentwegt hat Hendrix geschrieben, über die Konflikte mit dem Vater und auch dem Gesetz. Über Ängste, Hoffnungen und Wünsche während der Zeit beim Militär und die nicht weniger harte Realität nach der Entlassung aus dem Militätdienst: Mit ein paar geliehenen Dollars in der Tasche wandelte er ohne Obdach, nur mit seiner Gitarre, kreuz und quer durch die USA. Als unbezahlter Begleitmusiker besaß er nichts, außer einem »Wunschsandwich«: Zwei Scheiben Brot und der Wunsch nach etwas Fleisch dazwischen.
Auch ein anderer kommt immer wieder vor: Bob Dylan. Er war Hendrix’ Vorbild als Songwriter – denn von ihm habe er gelernt, dass man seine eigenen Songs schreiben muss, wenn man einen persönlichen Sound haben will. Doch so gängig diese Meinung scheint, so unerwartet ist seine Bewunderung für den Sänger Bob Dylan:
Heute beruht mein Gesang auf echten Gefühlen und aufrichtigen Gedanken. Das brachte mir Bob Dylan bei. Rein technisch gesehen hat er eine lausige Stimme und ist bloß deshalb so gut, weil er an die Dinge glaubt, die er singt. Wahrhaftigkeit ist das einzige Qualitätsmerkmal, das bei einem Sänger zählt.
Die Herausgeber haben den Aufzeichnungen, mal zur Erläuterung, mal zur Verdeutlichung, Liedtexte an die Seite gestellt. Sie belegen die Nähe von Kunst und Leben des Jimi Hendrix´ und seiner Musik. Und ganz nebenbei bietet der Band auch einen Einblick in die Musikgeschichte des Rocks der 60er und 70er Jahre, wie er persönlicher nicht sein kann.
Dieser Zugang zu der Musik, dem Menschen, dem Leben von Jimi Hendrix und seiner Welt hat das Zeug dazu, zur Grundlage für kommende Generationen zu werden, sie immer wieder zu entdecken: Die Jimi Hendrix Experience.
Dieser Artikel findet sich auch auf dem Blog Things Fall Back Home von Till Deininger.