Spitzenwechsel bei Litlog: Gesa Husemann verlässt die Redaktion und übergibt die Leitung an Leonie Krutzinna. Über die Unmöglichkeit der Sagbarmachung eines gemischten Gefühls und die aufrichtige Geste von Abschied und Willkommen. Ein Nachwort mit Ausblick.
Von der Litlog-Redaktion
Das Netz treibt bekanntlich kaum irgendwo derartig skurrile (Stil-) Blüten wie auf jenen Seiten, die dem suchmaschinisiert-hilfesuchenden Nutzer versförmige Abhilfe bei der Bewältigung förmlicher Anlässe versprechen, so auch beim Abschied. Da stößt man zum Beispiel auf einen dichtungsfreudigen Herrn Horst Winkler, der auf einer Seite mit dem ungemein treffenden Namen »VersSchmiede« allerlei Abschiedsworte zusammengereimt hat – man vergleiche etwa diese:
Nun, wir müssen damit leben
Es ist traurig für das Team
So jemanden herzugeben
Die Entscheidung lag bei ihmBeste Wünsche von uns allen
Uns´re Tür stets offen steht
Für den netten, kollegialen
Menschen, der nun leider geht
Dass die strenge (in diesem Fall ambitioniert kreuzgereimte) Form bestimmte persönliche Dinge allererst sagbar macht, wie Robert Gernhardt einst bemerkte, scheint in solchen Versen ad absurdum geführt: Persönlich scheint hier gar nichts, alles wirkt irgendwie wie zur Formel erstarrt.
Darin freilich liegt die Crux jedes förmlichen Anlasses, liegt auch die Crux jedes Abschieds: Man ist geradezu förmlich gezwungen, Worte wie »leider« zu verwenden, »Beste Wünsche« auszusprechen, die eigene ›Traurigkeit‹ zur Sprache zu bringen – und bleibt dabei im Unpersönlichen verhaftet, bleibt im Rattern jener Vokabeln gefangen, die zwar, der Konvention gemäß, vom Anlass gefordert werden, die aber eben diesen speziellen, persönlichen Anlass letztlich nur verraten.
Aus dieser Falle der Sprache gibt es keinen Ausweg. Man kann sich ihr nur im vollen Bewußtsein der Unzulänglichkeit stellen. In diesem Sinne ist in eigener Sache mitzuteilen: Wir – das Litlog-Projektteam, die Litlog-Autoren, die Leser, Follower, Facebook-Freunde und die Litlog-Herausgeber – ›trauern‹ heute. Denn ›leider‹ müssen wir uns verabschieden von der Mitherausgeberin und Redaktionsleiterin Gesa Husemann, einer Kollegin und Freundin, die all das, was Litlog in den letzten Jahren gewesen ist, getragen, gestaltet, bewirkt hat. Die mit bezaubernder Souveränität, mit unnachgiebigem Engagement, mit genialem Organisations- und Kommunikationstalent und mit allzeit einnehmendem Charme diesem Online-Magazin Profil und Persönlichkeit gegeben hat.
Das letzte große Ding hat Gesa, wie sollte es auch anders sein, gemeinsam mit unserer Redaktionsassistentin Johanna Karch im März dieses Jahres selbst über die Bühne gebracht. Und es war keine kleine Bühne, die sie Litlog da, unterstützt durch das niedersächsische Netzwerk der Literaturbüros, bereitet hat, sondern immerhin ein veritabler Stand auf der Leipziger Buchmesse. Festgehalten ist das alles auf dem, was einmal das Zelluloid war.
Nun. »Es ist traurig für das Team« – »Beste Wünsche« von uns allen, liebe Gesa, für Deine nächste Karriere im Goethe-Institut.
Und herzlich willkommen Leonie Krutzinna, die Litlog bereits bis April 2011 als Redaktionsassistenz verbunden war und nun ab Juni als Redaktionsleiterin die Geschicke von Litlog lenken wird. Wir freuen uns – auch dies so eine der förmlichen Formeln, die persönlicher gemeint als gesagt sind – auf die Zusammenarbeit mit Dir!