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Literaturwissenschaft heute
Skandinavischer Überfall

Das DFG-Graduiertenkolleg 1787 Literatur und Literaturvermittlung im Zeitalter der Digitalisierung der Universität Göttingen widmet sich aktuellen Entwicklungen im Bereich der Literatur und ihrer Vermittlung im Kontext der Digitalisieung. Auf Litlog stellen die Kollegiatinnen und Kollegiaten sich und ihre Projekte vor. Heute: Elisabeth Böker über den Boom skandinavischer Literatur auf dem deutschen Buchmarkt.

Bitte umreiße kurz dein Promotionsvorhaben für uns.
Skandinavische Literatur boomt seit dem Erscheinen von Sofies Welt und Fräulein Smillas Gespür für Schnee auf dem deutschen Buchmarkt. Abzulesen ist der neue Erfolg mitunter daran, dass die Literatur aus dem Norden monatelang auf den Topplätzen der Bestsellerlisten steht. So fallen einem, wenn man an skandinavische Literatur denkt, Namen wie Jussi Adler-Olsen, Marianne Fredriksson, Peter Høeg, Arnaldur Indriðason, Jonas Jonasson, Stieg Larsson, Henning Mankell oder Jo Nesbø ein – alle landeten Bestseller auf dem deutschen Buchmarkt.
Für mich als Buchwissenschaftlerin mit großem Interesse an skandinavischer Literatur ist es äußerst spannend, diesen aktuellen Boom zu ergründen. Mein Vorhaben ist es zu analysieren, welche Literaturvermittlungsinstanzen und Marktmechanismen diesen Erfolg in Deutschland beeinflussen. Somit kombiniere ich in dieser Arbeit die Erforschung eines bisher in der Bestsellerforschung kaum untersuchten Forschungszweigs, nämlich die Suche nach Marktmechanismen von Bestsellern mit der Erforschung nach den Gründen des aktuellen Booms skandinavischer Literatur auf dem deutschen Buchmarkt. Zugleich wird dabei die Bedeutung des hiesigen Erfolgs an dem weltweiten Durchbruch skandinavischer Bestsellerliteratur in jüngster Zeit ermittelt.

Skandinavische Idylle: Der Schauplatz für einen MordSkandinavische Idylle: Der Schauplatz für einen Mord

Gibt es einen bestimmten Auslöser für den Boom skandinavischer Literatur auf dem deutschen Buchmarkt?
Ein reges Interesse an nordischer Literatur und Kultur in Deutschland an sich ist kein neues Phänomen. Bereits im 19. Jahrhundert ließ sich eine wachsende Nachfrage ausmachen. Doch nach einer eher stillen Phase ist nun seit Beginn der 1990er Jahre wieder eine äußerst große Nachfrage in Deutschland festzustellen, allein daran festzumachen, dass die Übersetzungszahlen aus den skandinavischen Sprachen insgesamt, gerade auch nach den ersten Bestsellererfolgen, zunahmen. Den Beginn für den Boom setze ich 1993 mit dem Erscheinen der deutschen Ausgabe von Sofies Welt von Jostein Gaarder (Original 1991). Der Roman stand über ein Jahr auf dem ersten Platz der Spiegel-Bestsellerliste. Ein zweiter wegweisender Titel war 1994 Fräulein Smillas Gespür für Schnee von Peter Høeg (Original 1992). Außerdem lässt sich feststellen, dass die Bestselleranzahl deutlich nach den ersten Krimierfolgen, ungefähr ab 2000, zunahm. Mit dem großen Interesse an Krimis hängt der Boom auf jeden Fall auch zusammen.

Kolleg

Das DFG-Graduiertenkolleg Literatur und Literaturvermittlung im Zeitalter der Digitalisierung ist einem hochaktuellen Themenfeld gewidmet und fördert Dissertationen, die die thematischen, ästhetischen und ökonomischen Auswirkungen der ‘digitalen Revolution’ auf literarische Texte, Akteure und Institutionen des Literaturbetriebs von den 1980er Jahren bis heute untersuchen. Zugleich setzt das Kolleg ein neuartiges Modell geisteswissenschaftlicher Graduiertenförderung um und ermöglicht seinen Doktorandinnen und Doktoranden außer einer hohen wissenschaftlichen Qualifikation auch Praxiskompetenzen im Bereich der Literaturvermittlung. Weitere Informationen zum Projekt gibt es hier.

 

E.B.

Elisabeth Böker wurde 1988 in Göttingen geboren. Sie studierte Buchwissenschaft und Mittlere/Neuere Geschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. 2013 machte sie ihren Abschluss als Magistra Artium mit Auszeichnung. Seit 2007 arbeitet Elisabeth Böker als freie Mitarbeiterin bei der Frankfurter Rundschau. Veröffentlichungen von journalistischen Artikeln erschienen zudem u.a. im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, GEO.de und GEOlino.de, BuchMarkt und literaturkritik.de. Hier geht es zur Homepage von Elisabeth.

 

Buchmesse

Im Rahmen des vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels ausgelobten Ideenwettbewerbs 2014 präsentieren sich das Graduiertenkolleg und Litlog am 11. Oktober 2014 in der Arena Digital im Forum Zukunft auf der Frankfurter Buchmesse (Halle 3.1, K 15). Dabei soll gezeigt werden, wie Literaturwissenschaft heute aussieht und wie Digitalisierungsprozesse die Literatur aus unserer Sicht verändern. Wir freuen uns über Euren Besuch!

 
 

Welchen Stellenwert hat die Digitalisierung für dein Promotionsprojekt?
In der Bestsellerforschung heißt es, dass der ganz große Erfolg heute nur noch im Medienverbund möglich ist. Neben dem gedruckten Buch kann ich das E-Book und ein Hörbuch dazu erwerben. Oft kommt bei Bestsellern auch eine Verfilmung zustande, die den Verkauf des Buches weiter ankurbelt. Auf die Bedeutung des Medienverbundes werde ich daher natürlich eingehen. Im Marketing spielt das digitale Marketing etwa auf Facebook oder Verlags- und Autorenwebsites eine Schlüsselrolle. Eben das werde ich auch näher untersuchen. Darüber hinaus kann ich sagen, dass die Digitalisierung das Forschen enorm erleichtert. Das zeigt sich schon an ganz banalen Beispielen, wie etwa daran, dass sich durch das Einsehen von E-Books aus der Bibliothek vom Schreibtisch aus oft schon vorab klären lässt, ob ein Buch für mich relevant ist oder nicht und man sich so zum Beispiel das monatelange Warten durch Fernleihen erspart (um dann womöglich festzustellen, dass das Buch völlig irrelevant ist).

Gibt es ein Netzfundstück, das zu deiner Arbeit passt?
Die Ankündigung eines neuen Buchs aus Schweden: Peter Stjernström nimmt in Das beste Buch der Welt (Dumont) den Bestsellerbetrieb aufs Korn und will damit einen Bestseller landen. Mal sehen, ob es gelingt!



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 Autor*in:
 Veröffentlicht am 26. September 2014
 E. Böker/M. Beilein
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