Die Eröffnungsshow der 4. Niedersächsisch-Bremischen Landesmeisterschaften im Poetry Slam im Jungen Theater Göttingen bot einen bunten Blumenstrauß arrivierter Slam PoetInnen außer Konkurrenz – dafür mit Gitarre und Konfetti. Ein großartiger Auftakt ohne Wettbewerbsgedanken, »das war echt schön«.
Von Astrid Schwaner
Im ausverkauften Haus präsentierten zur Einstimmung auf die folgenden zwei Wettkampftage am 16. Oktober sieben Slammerinnen und Slammer ein umfangreiches Bühnenprogramm vor überwiegend studentischem Publikum. Da die PoetInnen ausnahmsweise nicht gegeneinander antraten, entfiel das hysterische Klatschen und Füßetrommeln, das sonst zum Reiz dieses Live-Literatur-Formates gehört. Dafür durften die SlammerInnen aber im Team antreten und Hilfsmittel mitbringen.
Der Poetry Slam in Göttingen findet im Jungen Theater statt. Der offene DichterInnenwettstreit arbeitet mit einem weiten Literaturbegriff: Lyrik, Prosa, Rap, Limmericks, Kurzgeschichten, Dialoge, Wahnsinn oder was auch immer sonst auf die Bühne kommt, Hauptsache die Texte sind selbstgeschrieben, passen in sieben Minuten und werden ohne Hilfsmittel dargeboten. Durch den Abend führen Felix Römer und Christopher Krauss. Wer selbst einmal auftreten will: mind. fünf Plätze werden per Los an DichterInnen aus der offenen Liste vergeben. Einfach abends kommen, Namen auf einen Zettel am Eingang schreiben und schon ist man dabei. Der Göttinger Poetry Slam ist Kooperationspartner von Litlog.
Das gut gelaunte Publikum auf bunten Sitzkissen lauscht anschließend Fee, bis vor kurzem U20-Meisterin aus München, mit ihrer TV-Persiflage Heidis Horror Picture Show: Im naiven Kükenton beklagt sich das lyrische Ich, es habe »von A bis C Alles mitgemacht«, sei »niemand, der die Flinte einfach so in den Sand steckt« und sei trotzdem kein Topmodel geworden.
SlamlegendenDem noch amtierenden Landesmeister Florian Wintels (Bad Bentheim) hingegen ist alles scheißegal, nur »auf Jesus scheiß ich nicht – den ein oder andren freut’s – denn der ist zwar ziemlich dünn, doch hat er‘n richtig breites Kreuz« und schenkt dem Sprecher die Einsicht: »Die Welt ist nur so scheiße, wie man sie sich macht. «
Göttlich inspiriert geht’s weiter: Die Slamlegende Andy Strauß (Münster) springt als Deus ex macchina aus den Bühnenaufbauten: »Ich wollte nicht so auftreten wie die ganzen anderen Bürger, als Legende macht man das nicht«, näselt er und entfaltet seine gigantische Fibel, aus der er in wechselnden Outfits bizarre, aber wortkundige Texte liest. Zu ihm könnte man nicht mit seinen Worten sagen: »Dein Stift sifft Schrift!«
Das Lumpenpack sorgte mit Gitarre und Konfetti für ein gelungenes Slam Potpourri
Aus Eins mach ZweiDer angekündigte Überraschungsgast Julia Engelmann (Bremen) ist leider krank. Stattdessen sprangen spontan die amtierenden Landesmeisterinnen von Sachsen und Thüringen ein: Leonie Warnke (Leipzig) und Katja Hofmann (Halle) als »Team MFG« haben dafür sogar einen Auftritt in Berlin abgesagt und begeistern nun mit ihrer Forderung nach männlichen Groupies als Zeichen der Gleichberechtigung: »Bei dir fliegen die Schlüppis, bei uns fliegen nur Krücken« – eine in Göttingen allerdings unberechtigte Furcht, denn das jugendliche Publikum wirft höchstens mit Vorlesungsmitschriften, ältere Semester muss man mit der Lupe suchen.
Mit ihren vielen, teils auch ernsten Texten wie Fees Medea, fächern die PoetInnen die ganze Bandbreite möglicher Poetry Slam-Formen auf und unterhalten kurzweilig bis zum grande Finale, als alle DichterInnen auf der Bühne zum Lied des Lumpenpacks tanzen: »Das war echt schön, das hat echt Spaß gemacht […] und die Show ist jetzt vorbei.«