Erst das Germanistikstudium, dann die Lektoratsstelle bei Suhrkamp. So sah lange Zeit der Traum vieler angehender Literaturwissenschaftler aus. Doch was erwartet einen im Lektorat? Günther Fetzer hat sich der Aufgabe gestellt, eine Handreichung für die Lektoratsarbeit zu schreiben. Elisabeth Böker hat sie für Litlog begutachtet.
Von Elisabeth Böker
Kein romantisierendes, sondern ein realistisches Bild von der Lektoratsarbeit vermittelt Günther Fetzer. Das ist die Stärke dieses Leitfadens, so viel sei gleich vorweg gesagt. In drei Teile (plus Anhang) ist der Berufsratgeber Berufsziel Lektorat gegliedert. Der erste Teil bietet eine Einführung in die Aufgaben eines Verlages und in die verschiedenen Verlagstypen. Fetzer beschreibt dann, welche Fähigkeiten ein Lektor für die Aufgaben mitbringen soll: Es versteht sich fast von selbst, dass er über inhaltliche Kompetenzen für den Zuständigkeitsbereich verfügen muss, um Manuskripte bewerten zu können zu. Die Neigung, Texte zu redigieren und lektorieren muss ein Lektor ebenso besitzen. Aber auch die Stärke zur Kommunikation mit den anderen Mitarbeitern des Hauses sowie den Autoren muss einem Spaß machen, um im Alltagsgeschäft gerne dabei zu sein. Fetzer zeigt in diesem Teil zudem die Hauptaufgaben des Lektors auf, zu denen die Akquise der Autoren, die Arbeit am Text sowie die Dienstleistungen für die anderen Verlagsabteilungen zählen. Bereits hier ist die Aktualität des Buches zu erkennen, wenngleich in der Überschrift der Bezeichnung Lektor die Begriffe »Produktmanager« und »Programmacher« gegenüber gestellt werden.
Lektoren als AllrounderDer zweite Teil geht spezifischer auf die Lektoratsarbeit je nach Verlagstyp und Angestelltenverhältnis ein. Fetzer unterteilt in Publikumsverlag, Fachverlag, Wissenschaftsverlag und betrachtet auch den freien Lektor und die aktuelle Branchenlage. Im Handarbeitsverlag oder Medizinratgeberverlag werden besispielsweise noch dringend Lektoren gesucht. Warum also nicht darüber nachdenken, die Kochbücher von morgen zu planen statt den neuen Nobelpreisträger zu entdecken? Einige Abläufe unterscheiden sich je nach Verlagstyp stark, so ist beispielsweise die Autorenbetreuung während des Schreibprozesses im Wissenschaftsverlag in der Regel weniger ausgeprägt als in der Belletristik. Auch das könnte den Ausschlag geben, vielleicht doch lieber in den Fachbuchverlag zu gehen statt im Kinderbuchbereich zu arbeiten.
Naheliegend ist, dass kein Verlag nur aus dem Lektorat allein besteht. Daher wird im dritten Teil auf etwa 50 Seiten Basiswissen über die Tätigkeiten in den weiteren Verlagsabteilungen, genauer gesagt zur Betriebswirtschaft, Herstellung, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit und Recht, geliefert. Die Bereiche werden äußerst praxisnah und mit vielen Beispielen (etwa durch den Abdruck des Normvertrages oder dem klassischen Herstellungsablauf sowie die Änderungsschritte durch die Digitalisierung) vorgestellt. Einige Hinweise für den Berufseinstieg werden in diesem Teil ebenfalls gegeben – leider fehlen hier allerdings Angaben zu Verdienstmöglichkeiten.
Freie Lektoren mit PerspektiveHervorzuheben ist die Aktualität des Titels. Die Veränderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt und die in der Branche für einen enormen Wandel sorgen, werden gut beschrieben. Gerade die zahlreichen Informationsboxen sind praktisch und dienen der Übersichtlichkeit. Sie umspannen viele zentrale Begriffe und Aufgaben im Lektorat von dem Inhalt eines Exposés bis zum Textformat XML. Ferner sind die Hinweise für weitergehende Literatur hilfreich, denn auf knapp 200 Seiten kann man wirklich nur eine grobe Einführung in die Lektoratsarbeit erwarten.
Zu empfehlen ist das Buch für alle, die mit einer Lektoratsstelle liebäugeln. Auch ist es als Nachschlagebuch geeignet, um beim ersten Einstieg in den Verlag – gerade im Rahmen eines Praktikums – das eine oder andere vertiefend nachzulesen.