Er war einer der umtriebigsten Journalistenliteraten der alten Bundesrepublik. Seine nun im Rahmen der Werkausgabe erschienenen journalistischen Arbeiten Der Strand der Städte sind Zeitdokument, Biographie, Gesellschaftssatire – und vor allem: Jörg Fauser vom Feinsten.
Josephine Kujau
Jörg Fauser gilt als Vielschreiber. Und wäre er nicht 1987 in der Nacht nach seinem 43. Geburtstag, auf dem kürzesten aber gefährlichen Nachhauseweg über die Münchner Autobahn, von einem Laster überrollt worden – man hätte wohl aus Fausers journalistischen Arbeiten eine eigene mehrbändige Ausgabe machen können. Doch auch so liegt der mit 1600 Seiten überaus gewaltige Schlussakkord der neunbändigen, im Alexander Verlag Berlin erschienenen Gesamtausgabe Fausers wie ein massiger Ziegelstein in den Händen: Es ist ein journalistisches Sammelsurium, von dem man gerade ob seiner Fülle nicht ablassen möchte.
Beinahe dreißig Jahre Zeitgeschichte lassen sich hier durchwälzen, angefangen bei ersten Schreibversuchen in der Schülerzeitung bis hin zu den immer professionellen, aber nie stereotypen Texten aus den späten Achtzigern. Der Leser entscheidet, ob er den Band als bundesrepublikanisches Zeitdokument, Biographie Fausers oder als Satire auf die Gesellschaft begreift. Es darf kreuz und quer gelesen, vor und zurück geblättert und hoch und runter gelobt werden, eben Wie es euch gefällt.
Wider den »Leerformeln und Terrorkürzeln«Mit seinen Essais, Glossen, Reportagen und Porträts schneidet sich Fauser geradewegs durch die 1970er und 80er Jahre und spannt dabei eine Schere zwischen schwärmerischer Lobhudelei und pöbelnder Verachtung auf. Seine Verachtung ergießt sich über stumpfe Mühlen des Literaturbetriebs, »dem Bauchnabelpopeln deutschen Dichterwesens«, genauso wie über die sekttrinkenden Opportunisten aus dem Wirtschaftswunderland, unter denen es Fauser keine fünf Minuten auszuhalten schien.
»Auf Tote soll man sich nicht unbedingt berufen« stellt er in einem seiner Essais fest. In diesem Falle kann man es getrost wagen, denn Jörg Fausers feuilletonistisches Logbuch bleibt exemplarisch für bodenständiges, nach den Sternen greifendes journalistisches Schreiben.