Wie kann man als kleiner Verlag gelten, sichtbar werden? Wie in die Buchläden kommen, in die Feuilletons, auf die Preislisten? Dies ist wohl seit jeher die Crux der unabhängigen Verlage. Auf der diesjährigen Buchmesse wird genau diese Sichtbarkeit der Indie-Verlage zum Thema. Wir haben uns aufgemacht, sie zu finden, großartige Verlagsprogramme aufgespürt und uns vielfältig verliebt. Hier eine erste Begegnung.
Von Marisa Rohrbeck und Annie Rutherford
Es wird bunt: Frei nach dem Wolkenkuckucksheim, einer Welt der frei schwebenden Ideen zwischen Himmel und Erde aus der antiken Komödie Die Vögel von Aristophanes, hat sich ein Verlag aus Frankfurt am Main Größenwahn Verlag benannt. Und will damit zeigen, was hinter dem Programm steht. »Mut zum Verlassen des Mainstreams« und ein »Sinn für Schräges« gehört in jedem Fall dazu, so Gründer und Verleger Sewastos Sampsounis.
Ausgangspunkt der verlegerischen Utopie des Größenwahn Verlags bildete das legendäre Café Größenwahn im Frankfurter Nordend, von dem Takis, wie man Sewastos Sampsounis hier nennt, auch Teilhaber ist. Hier schwelgte schon die 68er Studentenbewegung am Bartresen in Umbruchsfantasien und bis heute tummeln sich Freigeister, Schwule, Lesben, Linke, Künstler, Literaten, Sozialarbeiter, Juristen… das spiegelt sich auch im Verlagsprogramm wider. Von Texten aus den Balkan- und Kaukasusländern, über politische Satire, Kochbücher und Queer-Literatur geht hier alles – mit und ohne Migrationshintergrund.
Aus der Idee, das 30-jährige Jubiläum des Cafés mit einem Gedichtwettbewerb zu feiern, wurde so eine herrliche Vision aus Literatur und Integration. »Wir legen Wert darauf, dass wir persönliche Geschichten erzählen« erklärt Autorin, Lektorin und Herausgeberin Edit Engelmann.
Man muss den Charakter, die Gefühle erkennen. Ob es dann dem Mainstraim gefällt, ist egal. Wenn wir sagen würden, wir machen Esoterik, oder Fantasy, klar das würde sich verkaufen. Stattdessen geben wir unbekannten Autor*innen, die einen bestimmten Stil haben – na ja, eben ein Wolkenkuckucksheim. Klar, das ist nicht das Umsatzreichste: Wir bieten Leser*innen und Autor*innen eine Plattform – und man merkt, dass sich eine treue Leserschaft bildet.
Ein Verlag, dessen offenes, buntes Profil und dessen frappierende Verweigerungshaltung, beim Profitdenken der großen Verlage mitzumachen, man nur als wahnsinnig bezeichnen kann. Wahnsinnig mutig, wahnsinnig unordentlich, wahnsinnig vielversprechend.