Kinder, Küche, Kirche – dieser Slogan beschreibt, welche Rolle Frauen in der zeitgenössischen Vorstellung um 1800 zugewiesen wird. Doch einige Frauen lassen sich davon nicht beeindrucken! In der Reihe »Faszinosum Autorinnen um 1800« wird der Blick auf Frauenfiguren gelenkt, die versuchen aus den vorgeschriebenen Rollen auszubrechen. Heute: Sophie Mereau, die Schriftstellerin.
Von Elisabeth Müller
»Selbständigkeit« ist das Schlagwort, das sich durch Sophie Mereaus Leben zieht. Schon früh taucht es immer wieder in ihrem Tagebuch auf. Doch letztlich ist all ihr Handeln davon bestimmt. »Selbständigkeit« bedeutet für Sophie Mereau vor allem die Möglichkeit zu schreiben. Mit 21 Jahren veröffentlicht sie ihr erstes Gedicht Bei Frankreichs Feier den 14. Junius 1790 in Schillers Zeitschrift Thalia.
Zusammenarbeit mit SchillerIhren ersten Mann heiratet sie 1793 nur, weil er ihr Gelegenheit bietet nach Jena zu ziehen, wo sie mit bedeutenden Schriftstellern ihrer Zeit zusammenkommen kann. Er ist es auch, der ihr den Kontakt zu Schiller vermittelt. Dieser erkennt Sophie Mereaus Talent als Schriftstellerin und fördert sie. In Briefen und privaten Treffen übt Schiller Kritik an Sophie Mereaus Werken. Die Beziehung ist durchaus kollegial; Sophie Mereau wird von Schiller als vollwertige Autorin anerkannt. Daneben gibt gerade der Ehemann ihr die Möglichkeit die Schriftstellerei auszuüben: Immerhin gestattet er ihr ein eigenes Arbeitszimmer. Ein Luxus, dessen Bedeutung hundert Jahre später in Virginia Woolfes Essay A Room of one‘s own deutlich wird: Nur wer einen eigenen Arbeitsplatz hat, kann auch ungestört und damit gut schreiben.
Produktives Arbeiten»Selbständigkeit« bedeutet für Sophie Mereau aber auch, dass sie sich nicht auf den eigentlich ungeliebten Gatten festlegen lassen will. Sie hat diverse Affären mit Studenten der Uni Jena. Nach sieben Jahren Ehe reicht sie schließlich sogar die Scheidung ein. Damit beginnt die produktivste Phase in ihrem Leben: Hatte sie schon während ihrer Ehe mit Mereau eine unzählige Reihe von Gedichten und erste Erzählungen veröffentlicht, so muss sie jetzt schreiben, um überleben zu können. Sie beginnt Übersetzungen anzufertigen, die schnell von der Hand gehen und so mehr Geld einbringen. Außerdem arbeitet sie verstärkt als Herausgeberin. War sie seit 1799 Mitherausgeberin eines Damenkalenders, so versucht sie sich jetzt an ihrer eigenen literarischen Zeitschrift Kalathiskos. Sie schafft es, mit diesen Arbeiten so viel zu verdienen, dass sie davon leben und ihr Kind versorgen kann.
Die Ehe mit BrentanoDoch dann kommt es zum Bruch: Sophie Mereau lässt sich – auf dessen ungestümes Drängen hin – auf eine erneute Affäre mit Clemens Brentano ein. Bereits während dessen Studienzeit in Jena waren sich die beiden näher gekommen. Sophie Mereau besteht zunächst auf ihrer Freiheit. Unter keinen Umständen möchte sie Brentano heiraten. Doch dann wird sie ungewollt schwanger. So selbstbestimmt und auf ihre Freiheit bestehend Sophie Mereau ist: Auch sie kann nicht erwarten mit einem unehelichen Kind in einer stark restriktiven Gesellschaft zu bestehen.