In winterlich warme Töne ist der Inhalt des neuen Zentrumsprogramms gewickelt. Eisenoxidrot ist die Farbe dieser Saison, die in der nächsten Woche startet und mit 15 Veranstaltungen im Hauptprogramm aufwartet. Die Litlog-Redaktion wohnte der Pressekonferenz des Literarischen Zentrums bei. Ein Kommentar.
Von Gesa Husemann
Kulturförderung ist unverzichtbar – darüber herrscht im Kulturbetrieb Einigkeit. Man will sich gar nicht vorstellen, wie es um so manche Institution gestellt wäre, hätte sie nicht einen ihr wohlgesinnten Sponsor – die Programmvielfalt insbesondere zugunsten von Kulturschaffenden, die noch nicht den Status »Kassenschlager« haben, wäre wohl passé, horrende Eintrittspreise und öde Eintönigkeit dafür umso verbreiteter. Entsteht dank großzügiger Förderung, aber vor allem durch leidenschaftliche Programmplanung ein Veranstaltungsprogramm, das ausgewogen, vielseitig und kurzum einfach gut ist, dann möchten sich die Förderer in dem öffentlichen Licht einer Pressekonferenz natürlich sonnen. So funktionieren fruchtbare Allianzen.
So wurde den Vertretern der Klosterkammer Hannover und der VGH-Stiftung gestern bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen Zentrumsprogramms einiger Raum zur Selbstpräsentation gegeben. Dass Förderer zugegen sind bei der zwei Mal im Jahr stattfindenden Programmpressekonferenz, ist ungewöhnlich. Bei einem Anlass wie diesem, wo es schließlich eigentlich darum gehen soll, Programmatisch-Inhaltliches darzubieten, wirkt ihre Präsenz irgendwie befremdlich. Aber im Kulturbetrieb greifen meistens eben auch ökonomische Prinzipien: Wer gibt, der will auch nehmen – im Falle der Stiftungen geht es dabei vor allem um Aufmerksamkeit, um Prestige. Und so kommt es, dass die beiden neuen Hauptförderer des Projektes Literatur macht Schule den Auftakt übernehmen.
Eines wird jedenfalls schnell deutlich in der Presserunde: Das Literarische Zentrum hat es geschafft, sich für diese Saison zahlreiche Förderer zu angeln. Kennt man die Tücken der Kulturförderungsbeantragung, ist allein das schon Grund genug, den Hut zu ziehen. Aber es scheint eben auch der Vielfalt der Programminhalte zugute zu kommen. Blickt man auf das Programm von Literatur macht Schule, stechen erst einmal Namen wie Rafik Schami oder Judith Schalansky heraus. Schalansky, die ihre künstlerisch gestalteten Bücher zuletzt beim mareverlag herausbrachte, ist nun bei Suhrkamp unter Vertrag – und just wurde ihr und dem dort erschienenen »Bildungsroman« Der Hals der Giraffe viel feuilletonistische Aufmerksamkeit zuteil. Auch an Wolfgang Herrndorf bleiben die Augen hängen, doch wird der schwerkranke Autor nicht selbst kommen. Die Aufmerksamkeit wird dem Schauspieler Hanno Koffler gelten, der den beiden Romanhelden aus tschick im Hörbuch eine Stimme gab und seine Arbeit vorstellen wird.
Das Hauptprogramm glänzt im März mit einer Deutschlandpremiere. Ausgerollt wird der rote Teppich für den amerikanischen Autor Mark Z. Danielewski, der mithilfe eines Übersetzers die deutsche Version seines experimentfreudigen Romans Only Revolutions vorstellen wird. Aber auch Felicitas Hoppe wird da sein, mit ihrer Traumbiographie Hoppe im Gepäck. Diskutiert wird mit Steffen Martus – vielleicht über das Verhältnis von Fakt und Fiktion? Die Wissenschaft ist im neuen Programm auch gut vertreten – und es wird nicht nur literaturwissenschaftlich Interessantes diskutiert. Neben einer Veranstaltung zu Strindberg und den Frauen oder zu Heiner Müllers Tondokumenten wird es auch einen Abend geben, der Literaturwissenschaftler und Naturwissenschaftler gleichermaßen begeistern könnte. »Können Affen dichten?« fragen sich im Juni Julia Fischer, Leiterin der Abteilung Ethologie am deutschen Primatenzentrum Göttingen und der »Tierjournalist« Cord Riechelmann.
Im Sinne der Vielfalt muss auch der gesellschaftlichen Überalterung im kulturellen Programm begegnet werden. Drum wird die im letzten Jahr aufgenommene Reihe »Alter in der Literatur« nicht nur weitergeführt, sondern das Konzept wird perfektioniert. Die Alters-Veranstaltung fusionierte mit dem Hausbesuch und wird dieses Mal nicht in einer ordinären Wohnung, sondern in der Alten-Wohngemeinschaft am Goldgraben stattfinden. Gerne möchte man da doch den Altersdurchschnitt der Besucher erfahren.
Man mag sich vielleicht ein Mehr an experimentellen Eskapaden im Programm wünschen. Vor allem für das studentische Publikum könnten Gäste wie sie beim Sommerfest auftreten, in diesem Jahr u.a. Tino Hanekamp und die Band Hands up-Excitement! um August Diehl und Hans Narva, mehr vertreten sein. Dennoch, das Zentrumsprogamm ist rund und bunt und bereitet Ausgehvorfreude. Bleibt nur noch zu sagen: Ein Hoch auf die Kulturförderung.
Man fühlt sich fast schlecht, wenn man sich bei der Reihe an
Gegenwartsautoren wieder am meisten auf den Klassiker im Strindberg-Jahr freut. Aber vielleicht verschlägt es mich ja auch ins Altersheim zu einem etwas anderen Kulturerlebnis. In jedem Fall klingt das Programm bunt genug, um jedem etwas zu bieten.
Dass Kultur ohne Förderer nicht möglich ist, ist zwar eigentlich bedauernswert, aber solange die Firmenstempel noch nicht die Werke überdecken und Autoren nicht in Sponsorenshirts lesen, muss man wohl dankbar sein.
Vielen Dank für die Zusammenfassung für Abwesendgebliebene.