Pünktlich zu Shakespeares 450. Geburtstag feierte am 22. April Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt) im Jungen Theater Premiere. Ein Abend, an dem sowohl Shakespeare-Kenner mit Humor als auch solche auf ihre Kosten kamen, die schon immer mal wissen wollten, wie vielfältig das Werk des englischen Vorzeigedramatikers ist.
Von Meike Reimann
Als Kritiker könnte man sagen, der Ansatz des Stückes entspreche den Bedürfnissen moderner und stressgeplagter Zuschauer: Shakespeare muss man ja mal gesehen haben, da ist es doch äußerst effizient, wenn gleich mehrere Stücke auf einmal präsentiert werden. Das spart Zeit und gibt doch einen Überblick, um bei passender Gelegenheit mit kulturellem (Halb-)Wissen glänzen zu können. Doch darum geht es tatsächlich allenfalls Zynikern. Für alle anderen ist es einfach ein kurzweiliges Theatererlebnis, das seinem Ziel zu unterhalten und den Zuschauer für einen Abend in eine andere Welt mitzunehmen, mehr als gerecht wird.
Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt) wurde 1987 erstmals beim Edinburgh Fringe Festival gezeigt. Es handelt sich um ein Stück der Reduced Shakespeare Company, bestehend aus Adam Long, Daniel Singer und Jess Winfield, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Klassiker von Shakespeare zu Kurzfassungen umzuarbeiten. Kurzfassung bedeutet in diesem Fall, dass 37 abendfüllende Stücke mit insgesamt 1834 Rollen auf 90 Minuten verdichtet werden. Gespielt wird das alles von nur drei Personen, die in teils atemberaubender Geschwindigkeit in die verschiedensten Rollen schlüpfen.
König FußballUnter der Regie von Dirk Böther starten Jan Reinartz, Michael Rautenberg und Philip Leenders ihren Schnelldurchlauf durch das Shakespearesche Universum. Die drei Darsteller spielen nicht nur ihre (zahlreichen) Rollen, sondern immer wieder auch sich selbst. Sie führen zu Beginn kurz in ihr Vorhaben ein, geben Kommentare und kleine Regieanweisungen (»Heiner, Licht!«). Doch das Hauptaugenmerk liegt auf dem Spiel. Angefangen mit Romeo und Julia, über seltener Gespieltes wie Titus Andronicus, zeigen sie alles, was wichtig ist. Um dem Ganzen auch zeitlich gerecht zu werden, müssen eben alle 16 Komödien zu einer zusammengefasst werden. Macht aber nichts, das Schema ist ohnehin immer dasselbe. Die drei Schauspieler jonglieren dabei ebenso geschickt mit Requisiten (Campingkocher, Pfanne, Schädel…) wie mit kleinen Versatzstücken vom Sommernachtstraum bis Wie es euch gefällt. Daran anschließend zeigen sie, dass sich Othello auch in paar Minuten als Rap darstellen lässt, sehr zur Freude des begeisterten Publikums. Um die Königsdramen mit den ganzen Heinrichs und Richards darzustellen, bedient man sich des Bildes eines Fußballspiels um die Krone.
Was schließlich nicht fehlen darf, wenn es um Shakespeare geht, ist Hamlet. Da Michael Rautenberg aber die berüchtigte Angst des Schauspielers vor dieser Tragödie packt (und nicht, wie man meinen könnte, vor MacBeth), scheint die Aufführung kurzzeitig auf der Kippe zu stehen. Doch auch an Hamlet wagt sich das Trio und das Publikum muss nicht ohne die »Sein oder Nichtsein« nach Hause gehen. Zu guter Letzt wurden auch noch die 154 Sonette dargeboten, heruntergekürzt in Form eines durch das Publikum gehenden Zettels mit den Worten »Will, will, will«. Schließlich ging es ja um Shakespeares sämtliche Stücke, aber eben leicht gekürzt.