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Literaturtourismus
Göttinger Literatouren?

Göttingen als ›Stadt, die Wissen schafft‹ blickt auf eine traditionsreiche Literatur- und Geistesgeschichte. Sie brachte Märchenstoffe hervor und musste damit leben, dass manche Dichter sie lieber ›mit dem Rücken ansahen‹. Den ›Helden der Feder‹ kann man auch heute noch außerhalb ihrer Werke begegnen.

Von Lena Ozanik

Wo, weiß das Tourismus Büro in Göttingen: Es bietet Stadtführungen an wie »Helden der Feder – Dichter, Denker und Literaten«, durch die Besucher auf den Spuren berühmter Persönlichkeiten die Stadt erkunden. Aber auch gezielte Touren wie »Auf den Spuren der Brüder Grimm – ihre Zeit an der Georgia Augusta« werden angeboten.

Die Brüder Grimm

Die Jahre 2012/2013 sind Grimm-Jubiläen und laden den einen oder anderen ein, sich etwas näher mit der Arbeits- und Lebenssituation der berühmten Märchenbrüder zu beschäftigen. Es ist erstaunlich, wie oft einem die Brüder Grimm in Göttingen begegnen – wenn man die Augen offen hält.

Zum Projekt

Mehr als zwischen zwei Buchdeckel passt? In ihrer Artikel-Serie ergründet Lena Ozanik, wie sich fiktive Geschichten ihren Weg in die Realität bahnen. Dem Phänomen Literaturtourismus begegnet sie mit historischer Weitsicht, als teilnehmende Beobachterin und als »Literatouren-Expertin« vor Ort in Göttingen

 
 
Am Ende der Brüder-Grimm-Allee zum Beispiel befindet sich seit 1959 der Brüder-Grimm-Stein, welcher das Märchen Brüderchen und Schwesterchen darstellt. In der Robert-Koch-Straße ist die Brüder-Grimm-Grundschule zu finden und auf dem Campus der Platz der Göttinger Sieben samt Denkmal. Auch heute noch beschäftigen die Grimms Wissenschaftler an der Universität. Die Göttinger Akademie der Wissenschaft im Papendiek arbeitet seit 1960 an der Neubearbeitung des Deutschen Wörterbuchs der Brüder Grimm.

Sagen und Mythen

Doch auch in der näheren Umgebung haben die Grimms ihre Spuren hinterlassen. In Eddigehausen, ca 10 Kilometer nord-östlich von Göttingen liegt die Burg Plesse, welche von den Grimms bedichtet wurde. In ihrem Buch Deutsche Sagen von 1860 sind die Texte Die Schwanringe und Das stille Volk zu Plesse veröffentlicht. Die Burg ist zu jeder Jahreszeit ein Besuch wert, ob mit dem Auto, dem Fahrrad oder zu Fuß. Es ist sogar möglich mit dem Stadtbus in die Richtung zu kommen und anschließend zu wandern.

Wilhelm Busch

Ebenfalls etwas außerhalb, genauer gesagt 15 km östlich von Göttingen, in Ebergötzen, befindet sich die Wilhelm-Busch-Mühle, in der ihr Namensgeber seine Jugend verbrachte. Angeblich hat Wilhelm Busch dort zusammen mit dem Sohn des Müllers die tollsten Streiche ausgeheckt, welche ihn später zu der Geschichte um Max und Moritz inspirierten. Die Tour Märchen und Mühlen führt zu der weltbekannten Mühle und anschließend in das Europäische Brotmuseum. In der Wilhelm-Busch-Stube kann man zum Ausklang dann auch sicherlich noch ein Brathähnchen à la Witwe Bolte verschmausen.

Heinrich Heine

Die Stadtführung »Zwischen Hörsaal und Harz – Heinrich Heine in Göttingen« informiert über die Zeit von 1820 bis 1825, zu der Heine in Göttingen residierte. In seinem Buch Die Harzreise äußert er sich kritisch über Göttingen und Umgebung:

Die Stadt Göttingen, berühmt durch ihre Würste und Universität, gehört dem Könige von Hannover, und enthält 999 Feuerstellen, diverse Kirchen, eine Entbindungsanstalt, eine Sternwarte, einen Karzer, eine Bibliothek und einen Ratskeller, wo das Bier sehr gut ist … Die Stadt selbst ist schön, und gefällt einem am besten, wenn man sie mit dem Rücken ansieht.1

Göttinger Märchenland

Der Verein Göttinger Märchenland e. V. beschreibt sich selbst als »Gemeinnütziger Verein zu Pflege deutschsprachigen Kulturguts«. Er organisiert nicht nur Lesungen, Theater, Filmprogramme und Workshops, sondern ganze Märchentage- und Wochenenden. Seit 1991 organisieren die Mitglieder außerdem alle zwei bis drei Jahre eine Göttinger Märchenwoche. Die nächste Märchenwoche findet 2013 statt und feiert ihr zehntes Jubiläum, passenderweise unter dem Namen »200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm«.

Die Deutsche Märchenstraße

Seit 1975 verbindet die Deutsche Märchenstraße Orte, an denen die Brüder Grimm gelebt und gearbeitet haben sowie Schauplätze ihrer Märchen und Sagen. Auf 600 Kilometern verbindet sie über 60 Städte und Gemeinden von Hanau bis nach Bremen. Genauso abwechslungsreich und zauberhaft wie die Märchen sind auch die Landschaften, Burgen und alten Städte der Märchen Straße, welche rund um das Jahr Veranstaltungen und Feste anbieten.

Literatur trifft Tourismus

Der Bücherfreund kommt in Göttingen also in vielerlei Hinsicht auf seine Kosten: Zahlreiche Buchhandlungen, die SUB und andere Büchereien bieten vom Kanon bis zur Rarität fast alles zum Kauf und Verleih. Das Literarische Zentrum und der Literaturherbst bemühen sich um den unmittelbaren Künstlerkontakt vor Ort. Wie gut, dass auch die historische Dimension durch ständig neue Litera-Touren angemessen repräsentiert ist.



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 Veröffentlicht am 25. Oktober 2012
 Kategorie: Misc.
 Bild mit freundlicher Genehmigung von Lena Ozanik
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